Polizeiverordnung über den Schutz der Bevölkerung
vor gefährlichen Hunden im Saarland
vom 26. Juli 2000
Aufgrund der §§ 59 und 60 des Saarländischen Polizeigesetzes in der
Fassung der Bekanntmachung vom 10. Mai 1996 (Amtsbl. S. 685), zuletzt geändert
durch Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des Landeskatastrophenschutzgesetzes
und des Saarländischen Polizeigesetzes vom 5. Mai 1999 (Amtsbl. S. 1186),
verordnet das Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales im
Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres und Sport:
§ 1 Gefährliche Hunde
(1) Gefährliche Hunde im Sinne dieser Verordnung sind:
1. Hunde, die sich als bissig erwiesen haben,
2. Hunde, die in aggressiver und gefahrdrohender Weise Menschen oder Tiere
angesprungen haben,
3. Hunde, die auf Angriffslust oder Schärfe oder andere in der Wirkung
gleichstehende Zuchtmerkmale gezüchtet oder ausgebildet wurden.
(2) Bei Zweifeln über die Gefährlichkeit eines Hundes kann die zuständige
Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 feststellen.
(3) Halterinnen oder Halter von Hunden haben, nachdem sie ihren Hund als gefährlich
im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 oder 2 erkannt haben oder hätten erkennen müssen
oder die Behörde diesen für gefährlich erklärt hat, unverzüglich die
erforderliche Sachkundebescheinigung zu erwerben und eine Erlaubnis im Sinne des
§ 2 einzuholen.
§ 2 Erlaubnisvorbehalt
(1) Die nicht gewerbsmäßige Zucht, die Ausbildung und das Halten gefährlicher
Hunde im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 sowie jegliches Abrichten von Hunden auf
Angriffslust oder Schärfe oder ein anderes in der Wirkung gleichstehendes
Verhalten sind verboten.
(2) Die Ausbildung und das Halten gefährlicher Hunde im Sinne des § 1 Abs.
1 Nr. 1 und 2 bedürfen der Erlaubnis.
(3) Die Erlaubnis nach Absatz 2 wird nur erteilt, wenn
1. die antragstellende Person die erforderliche Sachkunde (§ 4) nachgewiesen
und das 18. Lebensjahr vollendet hat,
2. keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die antragstellende Person
die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt; ein aktueller Auszug aus dem
Bundeszentralregister ist vorzulegen,
3. die der Ausbildung und dem Halten dienenden Räumlichkeiten, Einrichtungen
und Freianlagen eine ausbruchsichere Unterbringung des Hundes ermöglichen, so
dass die körperliche Unversehrtheit von Mensch oder Tier nicht gefährdet wird,
4. die Hundehalterin oder der Hundehalter den Nachweis des Bestehens einer
Haftpflichtversicherung mit einer Mindestdeckungssumme von 2 Mio. DM für
Personenschäden und 1 Mio. DM für Sachschäden erbringt und jeweils einmal jährlich
deren Fortbestehen nachweist.
(4) Die Erlaubnis kann befristet und unter Vorbehalt des Widerrufs erteilt
sowie mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden. Auflagen können auch
nachträglich aufgenommen, geändert und ergänzt werden. Die Erlaubnis kann
wieder zurückgenommen werden, wenn eine der Voraussetzungen für die Erteilung
nachträglich wegfällt.
(5) Die zuständige Behörde hat die Haltung eines gefährlichen Hundes zu
untersagen, wenn die erforderliche Erlaubnis nicht eingeholt wurde, nicht
erteilt werden konnte oder entzogen wurde. Das Gleiche gilt, wenn Tatsachen die
Annahme rechtfertigen, dass durch das Halten eine Gefahr für Leben oder
Gesundheit von Menschen oder Tieren besteht.
§ 3 Zuverlässigkeit
(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht,
die
1. wegen vorsätzlichen Angriffs auf das Leben oder die Gesundheit,
Vergewaltigung, Zuhälterei, Land- oder Hausfriedensbruch, Widerstandes gegen
die Staatsgewalt, einer gemeingefährlichen Straftat oder einer Straftat gegen
das Eigentum oder das Vermögen
2. mindestens zweimal wegen einer im Zustand der Trunkenheit begangenen Straftat
oder
3. wegen einer Straftat gegen das Tierschutzgesetz, das Waffengesetz, das Gesetz
über die Kontrolle von Kriegswaffen, das Sprengstoffgesetz, das
Bundesjagdgesetz oder das Saarländische Jagdgesetz
rechtskräftig verurteilt worden sind.
(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen ferner in der Regel Personen
nicht, die
1. wiederholt oder gröblich gegen Vorschriften des Tierschutzgesetzes, des
Waffengesetzes, des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen, des
Sprengstoffgesetzes, des Bundesjagdgesetzes, des Saarländischen Jagdgesetzes
oder gegen § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 oder § 5 Abs. 3 oder § 6 Abs. 1, 3 oder 4
dieser Verordnung verstoßen haben,
2. aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen
Behinderung Betreute nach § 1896 des Bürgerlichen Gesetzbuches sind oder
3. trunksüchtig oder rauschmittelsüchtig sind.
§ 4 Sachkundenachweis
(1) Der Nachweis über die erforderliche Sachkunde wird durch erfolgreiche
Teilnahme an einem entsprechenden von der zuständigen Behörde anerkannten
Lehrgang erbracht, dessen Kosten die Halterin oder der Halter zu tragen hat. Die
Halterin oder der Halter hat insbesondere ausreichende Kenntnisse über:
-
das Wesen und die Verhaltensweisen des Hundes,
-
das richtige Verhalten von Menschen gegenüber Hunden
-
die wichtigsten Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Zucht, dem Abrichten,
der Ausbildung und dem Halten von Hunden nachzuweisen.
Die zuständige Behörde benennt hierzu zugelassene Sachverständige. Die
zuständige oberste Landesbehörde erlässt die hierzu notwendigen
Verwaltungsvorschriften.
(2) Die Sachkundebescheinigung gilt für die Hundehalterin oder den
Hundehalter jeweils nur in Verbindung mit dem gefährlichen Hund, für den die
Sachkunde nachgewiesen wurde.
§ 5 Haltung
(1) Gefährliche Hunde sind so zu halten, dass Menschen, Tiere oder Sachen
nicht gefährdet werden.
(2) Gefährliche Hunde sind innerhalb befriedeten Besitztums so zu halten,
dass diese gegen den Willen der Hundehalterin oder des Hundehalters das
befriedete Besitztum nicht verlassen können. An jedem Zugang zum Besitztum oder
zur Wohnung ist ein Warnschild im Mindestformat 15 mal 21 cm mit der deutlich
lesbaren Aufschrift "Vorsicht – gefährlicher Hund" anzubringen.
(3) Außerhalb befriedeten Besitztums sowie bei Mehrfamilienhäusern auf
Zuwegen oder in Treppenhäusern sind gefährliche Hunde an der Leine zu führen
und haben einen das Beißen verhindernden Maulkorb oder eine in der Wirkung
gleichstehende Vorrichtung zu tragen. Die Leine muss so kurz und fest beschaffen
sein, dass die führende Person die vom Hund ausgehende Gefahr unterbinden kann.
Es dürfen nicht gleichzeitig mehrere gefährliche Hunde geführt werden.
(4) Jedem gefährlichen Hund ist außerhalb des befriedeten Besitztums ein
Halsband anzulegen, anhand dessen Name, Anschrift und gegebenenfalls die
Telefonnummer der Person, die den Hund hält, feststellbar ist. Darüber hinaus
sind gefährliche Hunde in geeigneter Weise dauerhaft zu kennzeichnen. Die
Halterin oder der Halter des gefährlichen Hundes hat der Ortspolizeibehörde
die Kennzeichnung des gefährlichen Hundes durch eine Bescheinigung der Tierärztin
oder des Tierarztes, die oder der die Kennzeichnung vorgenommen hat,
nachzuweisen. Die zuständige oberste Landesbehörde erlässt die hierzu
notwendigen Verwaltungsvorschriften.
(5) Wer die Haltung eines gefährlichen Hundes aufgibt und diesen einer neuen
Halterin oder einem neuen Halter überlässt, hat deren oder dessen Namen und
Anschrift zu erfragen und den Verbleib des Hundes unter Angabe des Namens und
der Anschrift der neuen Halterin oder des neuen Halters unverzüglich der bisher
zuständigen Behörde anzuzeigen. Auch das Abhandenkommen eines gefährlichen
Hundes ist der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen.
(6) An der Leine zu führen sind alle Hunde, die mitgeführt werden
1. bei öffentlichen Versammlungen, Aufzügen, Volksfesten und sonstigen
Veranstaltungen mit Menschenansammlungen,
2. in Gaststättenbetrieben, in Einkaufszentren, in Fußgängerzonen und in
Haupteinkaufsbereichen,
3. in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Weitergehende ortspolizeiliche Regelungen bleiben hiervon unberührt.
§ 6 Sondervorschriften
(1) Die Ausbildung und das Halten von Hunden der Rassen American
Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier sowie von American Pit Bull
Terrier bedürfen einer besonderen Erlaubnis.
Die Erlaubnis kann erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3
vorliegen und darüber hinaus folgende besondere Anforderung erfüllt ist:
Die erforderliche Sachkunde im Sinne der §§ 2 und 4 ist durch die erfolgreiche
Teilnahme an einem besonderen Lehrgang nachzuweisen, der hinsichtlich seiner
Dauer und Qualität den Anforderungen an den Halter eines Hundes im Sinne des
Absatzes 1 Satz 1 Rechnung trägt. Die Kosten des Lehrganges trägt die Halterin
oder der Halter. Die zuständige oberste Landesbehörde erlässt die hierzu
notwendigen Verwaltungsvorschriften.
(2) Die Ortspolizeibehörde kann die Unfruchtbarmachung eines gefährlichen
Hundes oder eines in Absatz 1 Satz 1 genannten Hundes anordnen, wenn die Gefahr
der Heranbildung gefährlicher Nachkommen besteht.
(3) Die nicht gewerbsmäßige Zucht von Hunden nach Absatz 1 Satz 1 und ihre
Kreuzungen sind verboten.
(4) Für die Haltung von Hunden im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gilt § 5.
§ 7 Ausnahmeregelungen
(1) Diese Verordnung gilt nicht für
1. Diensthunde des Bundes, des Landes, der kommunalen Gebietskörperschaften und
des Rettungswesens,
2. Herdengebrauchshunde,
3. Jagdhunde,
4. Blindenhunde und Behindertenbegleithunde
beim Einsatz im Rahmen ihrer jeweiligen Zweckbestimmung oder während der
Ausbildung im Hinblick auf die jeweilige Zweckbestimmung, soweit Ausbildung und
Einsatz es im Hinblick auf die Zweckbestimmung erfordern.
(2) Die Ortspolizeibehörde kann Ausnahmen vom Maulkorbzwang nach § 5 Abs. 3
und § 6 Abs. 4 zulassen, wenn im Einzelfall eine Gefahr für die öffentliche
Sicherheit nicht zu befürchten ist.
§ 8 Zuständigkeiten
Zuständige Behörde im Sinne dieser Verordnung ist die Ortspolizeibehörde.
§ 9 Übergangsvorschriften
(1) Personen, die beim In-Kraft-Treten dieser Verordnung einen gefährlichen
Hund im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 nicht gewerbsmäßig züchten, ausbilden
oder halten oder Hunde auf Angriffslust oder Schärfe oder ein in der Wirkung
gleichstehendes Verhalten abrichten, haben dies der Ortspolizeibehörde unverzüglich
nach In-Kraft-Treten dieser Verordnung unter Angabe ihrer Personalien, der Rasse
oder des Typs des Hundes und dessen Alter schriftlich anzuzeigen.
(2) Personen, die beim In-Kraft-Treten dieser Verordnung einen Hund im Sinne
des § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 oder einen der in § 6 Abs. 1 Satz 1 genannten
Hunde halten, haben dies der Ortspolizeibehörde binnen zwei Monaten nach
In-Kraft-Treten dieser Verordnung unter Angabe ihrer Personalien, der Rasse oder
des Typs des Hundes und dessen Alter schriftlich anzuzeigen. Die Halterin oder
der Halter eines solchen Hundes hat ferner binnen vier Monaten nach
In-Kraft-Treten dieser Verordnung den nach § 4 Abs. 1 oder § 6 Abs. 1 Satz 2
geforderten Lehrgang zu absolvieren und einen aktuellen Auszug aus dem
Bundeszentralregister vorzulegen sowie den Hund kennzeichnen zu lassen und dies
der Ortspolizeibehörde nachzuweisen. Die Ortspolizeibehörde kann beim
Vorliegen von Gründen, die nicht von der Halterin oder dem Halter zu vertreten
sind und ihr schriftlich dargelegt wurden, über die vier Monate hinaus eine
angemessene Frist zur Ablegung des Lehrgangs setzen, wenn die Halterin oder der
Halter eine Anmeldebestätigung zu einem Lehrgang bei einer oder einem
zugelassenen Sachverständigen vorlegt.
(3) Erlaubnisse, die nach der Polizeiverordnung über das Halten und
Beaufsichtigen gefährlicher Hunde im Saarland vom 7. Juli 1998 (Amtsbl. S. 672)
erteilt wurden, werden als Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 anerkannt. Diese
Erlaubnisse können zurückgenommen werden, wenn eine der Voraussetzungen für
die Erteilung nachträglich wegfällt.
§ 10 Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrig im Sinne des § 63 Abs. 1 des Saarländischen Polizeigesetzes
handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
(1) entgegen § 1 Abs. 3 nicht unverzüglich die erforderliche
Sachkundebescheinigung erwirbt und die Erlaubnis einholt,
(2) entgegen § 2 Abs. 1 einen gefährlichen Hund im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3
nicht gewerbsmäßig züchtet, ausbildet oder hält,
(3) entgegen § 2 Abs. 1 einen Hund abrichtet,
(4) eine Tätigkeit ohne die nach § 2 Abs. 2 erforderliche Erlaubnis ausübt
oder einer mit einer solchen Erlaubnis verbundenen vollziehbaren Auflage
zuwiderhandelt,
(5) entgegen § 5 Abs. 2 Satz 1 einen gefährlichen Hund nicht so hält, dass er
gegen den Willen der Hundehalterin oder des Hundehalters das befriedete
Besitztum nicht verlassen kann,
(6) entgegen § 5 Abs. 2 Satz 2 das Warnschild nicht anbringt,
(7) entgegen § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 einen gefährlichen Hund nicht oder nicht
an einer entsprechenden Leine führt,
(8) entgegen § 5 Abs. 3 Satz 1 einem gefährlichen Hund keinen Maulkorb anlegt,
(9) entgegen § 5 Abs. 3 Satz 3 gleichzeitig mehrere gefährliche Hunde führt,
(10) entgegen § 5 Abs. 4 kein Halsband mit den erforderlichen Angaben anlegt
oder nicht dauerhaft kennzeichnet,
(11) entgegen § 5 Abs. 5 der Anzeige- und Angabepflicht nicht nachkommt,
(12) entgegen § 5 Abs. 6 einen Hund ohne Leine führt,
(13) entgegen § 6 Abs. 1 ohne Erlaubnis einen Hund im Sinne des Absatzes 1 Satz
1 ausbildet oder hält,
(14) entgegen § 6 Abs. 3 einen Hund im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 nicht
gewerbsmäßig züchtet,
(15) entgegen § 6 Abs. 4 einen Hund im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 nicht an der
Leine führt,
(16) entgegen § 6 Abs. 4 einem Hund im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 keinen
Maulkorb anlegt,
(17) entgegen § 9 Abs. 1 die nicht gewerbsmäßige Zucht, die Ausbildung oder
das Halten von Hunden im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 oder das Abrichten von
Hunden auf Angriffslust oder Schärfe oder ein in der Wirkung gleichstehendes
Verhalten nicht schriftlich anzeigt,
(18) entgegen § 9 Abs. 2 das Halten eines Hundes im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1
oder 2 oder eines der in § 6 Abs. 1 Satz 1 genannten Hunde nicht schriftlich
anzeigt.
Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Deutsche
Mark geahndet werden.
§ 11 In-Kraft-Treten
(1) Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft.
Gleichzeitig tritt die Polizeiverordnung über das Halten und Beaufsichtigen gefährlicher
Hunde im Saarland vom 7. Juli 1998 (Amtsbl. S. 672) außer Kraft.
(2) Vorschriften, die dieser Verordnung entgegenstehen oder den gleichen
Inhalt haben, treten außer Kraft.
Saarbrücken, den 26. Juli 2000
Die Ministerin für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales
In Vertretung Schreier
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